Die Linke: Zurück in die Zukunft
Da saß ich gestern, in der Nacht des Sturms, mit Freunden in einer kleinen Bar in Berlin, Prenzlauzer Berg. Ehemals Ost-Berlin, Ex-DDR-Territorium. Und die Bar punktet im Allgemeinen damit, dass sie den politischen Charme vergangener Tage wieder hervorholt. An den Wänden DDR-Devotionalien aller couleur, vom Banner der Arbeit bis zur Urkunde vom Betriebsfest des VEB "Ernst Thälmann" Sömmerda, erster Platz im Kegeln. Die Toiletten tapeziert mit alten Zeitungen der Jahre 1961 bis 1989. Schön zu lesen, die alten Losungen: Hier ein Hochseeseil für den Frieden, dort ein Erfolgsbericht über das Verschönern der Mauer gegen die Störer aus dem Westen (Berliner Zeitung, November 1961). Ein Treffen mit den Genossen aus Kuba, Angola, Mosambique und dem Rest der großen, weiten kommunistischen Welt hier, Planübererfüllung dort.
Der Tag danach: Phoenix, Liveübertragung des Vereinigungsparteitages von Linkspartei.PDS und WASG. Gregor Gysi begrüßt in einer epischen Aufzählung die befreundeten politischen Gruppen aus aller Welt. Kommunistische Partei Kuba, kommunistische Gruppen Venezuela etc. etc. ... Hab ich ähnliches nicht grad erst ein paar Stunden vorher gelesen?
Lafontaine ist Lafontaine. Erst Leise, ruhig, dann immer lauter, kämpferischer: "Arbeiter, Lohnbetrug, Rentenbetrug, Generalstreik, Rev...." ach nein, das Wort fehlte. Hab ich ähnliches nicht grad ein ein paar Stunden vorher gelesen? Auf dem Klo einer kleinen Bar in Berlin Prenzlauer Berg, ehemals Ost-Berlin?
Warum bekomm ich bei dem Slogan "Freiheit durch Sozialismus" so einen komischen Geschmack im Mund? Vielleicht weil ich ähnliches ein paar Stunden vorher....
PS: Liebe Freunde der Linken: Ich dachte das Thema der alten Losungen sei durch? :-) Obwohl: die des letzten Kirchentages war auch nicht besser ... aber irgendwie lebensbejahender: lebendig und kräftig und schärfer.
